
Voller Ratssaal und Proteste gegen die AfD
Dieser Artikel wurde uns freundlicherweise von der NW zur Verfügung gestellt. Dieser Artikel erschien ursprünglich im Westfalen-Blatt (Artikel auf der Website des Westfalen-Blatt).
Von Lisa Harms
LÖHNE (WB). Der Löhner Rat sieht anders aus als vor der Kommunalwahl: Tische und Stühle wurden verstellt, mit 58 Sitzen ist der Rat größer denn je. Bei der konstituierenden Sitzung ist die Stimmung fast ausgelassen – wäre da nicht die elfköpfige AfD-Fraktion.
Während die Partei bei der Kommunalwahl 2020 noch keine Rolle spielte, ist sie mit einem Stimmenanteil von mehr als 19 Prozent nun plötzlich sehr präsent im Löhner Rat – und sitzt zwischen LBA- und CDU-Fraktion auf der rechten Seite des neu aufgestellten Saals.
Daran, dass die AfD als drittstärkste Partei in den Rat eingezogen ist, werden die Ratsmitglieder sowie anwesende Bürgerinnen und Bürger schon im Eingangsbereich des Rathauses erinnert: Hier postieren sich die „Omas gegen Rechts“. „Wir wollen die Menschen wachhalten und der Kommunalpolitik so auf die Pelle rücken“, antwortet eine der Omas auf die Frage, was sie an diesem Tag ins Rathaus führe.
Protest der „Omas gegen Rechts“ im Rathaus
Viele der gewählten Ratsmitglieder bedanken sich bei den acht Demonstrantinnen und Demonstranten – auch einige Angestellte der Verwaltung kommen vorbei, um ein Foto zu machen. Für die „Omas gegen Rechts“ ist klar: Die Demokratie in Deutschland ist gefährdet. Und mit dem Einzug der AfD in den Rat auch die Demokratie in Löhne.
Eröffnet wird die konstituierende Ratssitzung am Mittwoch (5. November) von dem langjährigen Ratsmitglied Burkhard Schröder (SPD). Bis auf drei entschuldigte Ratsmitglieder sind alle Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker anwesend – auch auf der Zuschauertribüne ist jeder Platz vergeben. „Unser Parlament ist jetzt fast so groß wie der Landtag im Saarland mit 58 Sitzplätzen“, scherzt Schröder.
Abschied von Poggemöller fällt schwer
Die eigentliche Aufgabe des SPD-Mitglieds an diesem Abend: den neu gewählten Bürgermeister Christian Antl (SPD) zu vereidigen. Der übernimmt nach der Vereidigung schließlich das Wort und führt souverän durch seine erste Ratssitzung als Bürgermeister von Löhne. Neben der Verpflichtung der neuen Ratsmitglieder, der Ehrung langjähriger Ratsmitglieder und der Verabschiedung ausgeschiedener Ratsmitglieder gilt es für Antl vor allem, seinen Vorgänger Bernd Poggemöller (SPD) zu verabschieden.
Und dieser Abschied fällt vielen schwer – nicht nur den Mitgliedern der SPD-Fraktion. „Du hast mir das Ankommen hier im Rathaus leicht gemacht“, betont Antl in seiner Abschiedsrede. Poggemöller habe seine gesamte berufliche Karriere im Löhner Rathaus verbracht und sei damit ein Urgestein für Kommunalpolitik und Verwaltung. „Wir waren uns hier nicht immer einig, am Ende haben wir aber auch immer gestaltet“, hält Poggemöller fest.
Der scheidende Bürgermeister bedankt sich für das langjährige Vertrauen in ihn und seine Arbeit sowie bei all denjenigen, die sich immer wieder für die Werrestadt einsetzen. Besonderen Dank widmet Poggemöller seiner Partei, seiner Sekretärin Kathrin Protze und seiner Ehefrau. Beide sind sichtlich geführt von den Dankesworten, auch Poggemöllers Stimme bricht immer wieder. „Das war hier immer eine lebendige Demokratie. Und ich hatte hier immer eine gute Zeit“, so der scheidende Bürgermeister.
Diskussionen über die Zahl der Stellvertreter
Erste Diskussionen entfachen bei der Frage, wie viele Stellvertreterinnen und Stellvertreter Antl als Bürgermeister an die Seite gestellt bekommen sollte. So spricht sich die SPD-Fraktion dafür aus, aufgrund des gestiegenen Terminaufwands drei statt wie bisher zwei Stellvertretungen zu wählen. Das käme vor allem auch der Repräsentation der Kommunalpolitik in der Stadt zugute.
CDU- sowie LBA-Fraktion sprechen sich dagegen aus und sehen keinen Grund dafür, diese personelle Veränderung vorzunehmen. Antl lässt über den Vorschlag abstimmen: 28 Ratsmitglieder stimmen dafür, 27 Ratsmitglieder stimmen dagegen – CDU und LBA stimmen gemeinsam mit der AfD dagegen. Der Vorschlag der SPD-Fraktion wird so mit knapper Mehrheit beschlossen.
Mittels geheimer Wahl wählen die Ratsmitglieder dann die Stellvertreter des Bürgermeisters: Die SPD-Fraktion stellt hierfür zwei Kandidaten zur Wahl, CDU und AfD dürfen jeweils einen Vorschlag zur Wahl stellen. Zu Stellvertreterinnen und Stellvertretern des Bürgermeisters gewählt werden Silke Welling (GRÜNE), Egon Schewe (SPD) sowie Karl-Heinz Nolting gen. Neddermann (CDU) mit einem knappen Vorsprung vor dem AfD-Kandidaten Marcel Alba.
AfD-Fraktion sorgt für Unruhe im Rat
Dass die AfD den Vorsitz zweier Ausschüsse bekleiden darf und dem CDU-Kandidaten bei der Wahl des dritten Stellvertreters für das Bürgermeisteramt nur knapp unterlegen war, bewegt die Ratsmitglieder bei dieser konstituierenden Sitzung sichtlich. Wie der Umgang mit der AfD in Löhne zukünftig ablaufen wird und welche Beschlüsse womöglich mit Stimmen der AfD gefasst werden, bleibt abzuwarten.
